Vom Fußgänger zum Hobbypiloten

(Ein Bericht von Frank Jankowiak, der in den letzten 18 Monaten in der LSB die Ausbildung zum LAPL(A) durchführte und nun die Pilotenlizenz besitzt.)

Da war er, der eine kurze Moment, in dem ein kleiner Gedanke aufblitzte und eine irrwitzige Idee geboren wurde: „Ich mache den Flugschein, ich werde Pilot! “Ich war ja selbst überrascht, mit welch einer euphorischen Wucht mich dieser Gedanke erwischte und mir ein verträumtes Lächeln ins Gesicht zauberte. Vielen Dank auch an Pilot Markus, der mit seiner mitreißenden und motivierenden Art einen nicht unerheblichen Anteil an der Manifestierung dieser Idee in meinen nach Abenteuer lechzenden Gedanken leistete. Ich habe mir die Entscheidung wahrlich nicht leichtgemacht. Nach vielen Wochen der Informationsbeschaffung, unzähligen Gesprächen mit Piloten, Freunden und Verwandten und nicht zuletzt durch den hochinfektiösen Probeflug mit Markus im Motorsegler war der Entschluss dann endlich gefasst und ich war ebenso bereit, die Idee in die Tat umzusetzen. Der erste Weg führte mich zunächst zu einem Flieger- und Augenarzt, denn ein ganz zentrales Kriterium für den Erhalt einer Pilotenlizenz ist die eigene Flugtauglichkeit, nachgewiesen durch das sogenannte „Medical“. Hier auch schon die erste Sorge : „Schaffe ich das? Erfülle ich die Anforderungen überhaupt?“ Schließlich bin ich mit 57 Jahren ja auch schon einem gewissen Verschleiß unterlegen. Aber ja, es hat gepasst, und so erhielt ich noch am Tag der Untersuchung meinen ersten „Passierschein“ auf dem Weg zur LAPL(A) Lizenz. Verein oder Flugschule? Vor Beginn der Ausbildung stellte sich natürlich auch mir die Frage, wo ich denn den Flugschein machen sollte, in einem Luftsportverein oder in einer professionellen Flugschule? Es gibt für beide Möglichkeiten recht viele Pro- und Contra-Argumente, allerdings fiel mir die Entscheidung für eine Vereinsausbildung leicht, da ich es weder eilig hatte, noch aus beruflichen Gründen gezwungen war, schnell die Lizenz zu erhalten. Zudem ist so eine Vereinsausbildung auch noch wesentlich kostengünstiger. So waren dann auch die Anmeldung und die Vorstellung im Verein recht schnell vollzogen und die erste Aufgabe, nämlich die Anmeldung zu einem Kurs für den Erhalt einesFunksprechzeugnisses in deutscher Sprache, kurz BZF-2, wurde in Angriff genommen. Hier entschied ich mich für die Variante „Flugschule“, da diese direkt neben dem Vereinsgebäude ansässig war und der Verein schon lange mit ihr kooperiert. Alternativ wäre es noch möglich gewesen, den Kurs online zu absolvieren, aber mir waren persönliche Ansprechpartner dann doch lieber gewesen. Nach nur wenigen Wochen und viel Spaß bei den Übungen der Sprechgruppen ging es dann nach Reutlingen zur theoretischen und praktischen BZF2 Prüfung, die ich zusammen mit acht anderen Aspiranten erfolgreich bestanden habe. Somit wurde ein weiteres wichtiges Etappenziel erreicht. Hier zeigte sich aber schon ganz deutlich das Phänomen der veränderten Lernkurve im Vergleich zur Schul- und Ausbildungszeit als junger Mann. Das Lernproblem Während man in jungen Jahren, von Schule und Ausbildung noch trainiert, eine sehr gute Auffassungsgabe hat und gut lernen kann, fällt es mit zunehmenden Alter immer schwerer, Neues zu erlernen und vor allem das Gelernte auch zu behalten. So jedenfalls erging es mir, und allein schon diese Erkenntnis zeigte mir „hier musst du echt was tun“. Wer sich zudem für eine Ausbildung in einem Verein entschieden hat, muss hier ohnehin proaktiv werden. Da es im Verein üblicherweise keine festangestellten Lehrkräfte gibt, sondern vornehmlich ehrenamtliche Fliegerkameraden, die zum Teil viele Jahre Erfahrung in der Fliegerei haben, gab es auch keinen fortlaufenden Unterricht, sondern einen Unterrichtsblock im Winter; dieser wurde aber mit Leidenschaft und praktischer Erfahrung der Kollegen so fesselnd abgehalten, dass der Wissenstransfer einen sehr hohen Level erreichte und ich mir sehr viel Basiswissen aneignen konnte.

Danach ging es jedoch ans Eingemachte; mit dem Gelernten aus den Unterrichtsstunden und der Erkenntnis darüber, dass dieses Grundwissen jetzt noch vertieft und verinnerlicht werden muss, wurden Bücher gekauft, im Internet recherchiert und alles an Informationen rund um das Fliegen aufgenommen. Der Fragenkatalog umfasst 9 Themenbereiche mit insgesamt 2000 Fragen, die gelernt werden müssen. Leider sind das fast alles Fragen aus Themen, die einem (Noch-) Fußgänger völlig fremd sind. „Ermitteln Sie mit ihrem NAV-Empfänger das QDM des VOR SUL … bei einem Steuerkurs (MH)…“ – Aha, ähm, ja, ok! Wenn man so stichprobenartig alle Kapitel nur kurz durchleuchtet, dauert es nicht lange und es wird einem schlagartig die ganze Tragweite der eigenen Wissenswüste bewusst. Also hieß es lernen, lernen, lernen und ja, nochmal lernen! Glücklicherweise unterstützte mich hier eine entsprechende Software, die identisch ist mit der, die auch bei der Theorieprüfung verwendet wird. Also alle Fragen, die bei der Prüfung gefragt werden, hielt ich bereits in meiner virtuellen Hand. Zudem sind die Fragen alle im Multiple-Choice-Verfahren, was dem Ganzen ein wenig die Schärfe nimmt. Trotzdem ist es gerade in diesem Stadium der Ausbildung immens wichtig, sich selbst immer wieder neu zu motivieren, sich nicht hängen zu lassen und vor allem den Glauben an sich selbst stets aufrecht zu erhalten. Was zugegebenermaßen nicht immer einfach war. Ich glaube auch, dass in dieser Phase viele Aspiranten auf der sprichwörtlichen Strecke bleiben. Aber zum Glück gibt es ja noch die begleitende praktische Ausbildung zur Unterstützung der eigenen Motivation! Ein schöner und erfolgreicher Ausbildungsflug, bei dem man dann noch Zeit hatte den Ausblick und das Gefühl der Freiheit zu genießen, ließen wieder alle Zweifel verblassen. Selber fliegen Die erste Flugstunde ist schon etwas ganz Besonderes. Von Aufregung und Euphorie geprägt ging es zum Flugplatz, wo schon der Fluglehrer wartete. Ich kannte das Flugzeug ja schon von einigen Flügen, die ich als Passagier miterleben durfte, jedoch zu wissen, dass man gleich selbst das Steuern des Motorseglers übernimmt, ist schon ein absolutes Highlight in der fliegerischen Ausbildung. Ich war sogar so frech und habe meine Actionkamera mitgenommen, um diesen unwiederbringlichen Moment festzuhalten. Nach dem gewissenhaften und peniblen Abarbeiten der Checkliste sowie der Erklärung der bordeigenen Avionik ging es auch schon in die Luft, wo es anschließend gleich zu den ersten Übungen kam. Vollkreis links/rechts nur mit Querruder, das selbe nochmal, diesmal nur mit Seitenruder und abschließend ein drittes Mal mit Quer- und Seitenruder gleichzeitig. Es folgten noch einige andere Übungen, und die Flugstunde raste nur so dahin. Das Landen übernahm natürlich souverän der Fluglehrer und erklärte dabei die Handgriffe. Ob ich das jemals alleine schaffen werde? Der Spaß am Fliegen wuchs jedoch mit jeder weiteren Flugstunde, und so kam das trockene Lernen der Theorie doch etwas ins Hintertreffen. Es war ja noch Zeit, ich hatte es nicht eilig und zudem alles was ich für die praktische Ausbildung brauchte, ein Medical, das BZF und jede Menge Motivation. Es verging Flugstunde um Flugstunde, ich wurde immer sicherer, und auch das eigenständige Landen ohne Hilfe des Fluglehrers klappte mittlerweile schon recht gut. Der erste Alleinflug Dann kam der Tag, ich glaube es war die 12. Flugstunde, da war irgendetwas anders als sonst. Bereits nach drei Platzrunden ging es wieder zurück zum Vorfeld – ungewöhnlich, denn wir hatten gerade mal 15 Minuten in der Luft verbracht. Nachdem wir also an der Halle den Motorsegler abgestellt hatten, stellte mir mein Fluglehrer einen weiteren Fliegerkollegen, ebenfalls Fluglehrer, vor und meinte dies sei nun mein Checkflug für die Alleinflugfreigabe. Aha – es war also soweit. So durfte ich zwei weitere Platzrunden zusammen mit ihm fliegen, bis auch er uns wieder zum Vorfeld zitierte. Ein kurzes Zwiegespräch der beiden Fluglehrer und schon ging es los – ich sollte nundrei Platzrunden alleine fliegen. Ganz alleine.

Obwohl man sich selbst ja eigentlich sicher ist, und obwohl zwei Fluglehrer der gleichen Meinung sind, ist es dennoch ein ganz komisches Gefühl. Man sitzt auf einmal ganz allein im Flugzeug, keiner mehr auf dem Copiloten Sitz, keiner mehr der eingreifen könnte, falls etwas schiefgeht. Aber man hat sich ja auf diesen Moment gefreut, so lange darauf hin gefiebert. Jetzt ist der Moment gekommen, kneifen ist nicht. Also los, alles wie gewohnt – Checkliste durchgehen, Motor starten und mit dem Tower funken – „Donaueschingen Info, Delta Kilo Lima Sierra Bravo, Hallo!“ „Delta Sierra Bravo, Piste Eins Acht in Betrieb!“. Schon rollte ich mit dem Motorsegler von der Halle bis vor das nördliche Ende der Startpiste. Am Rollhalt Piste 18 noch den letzten Check gemacht und dem Turm die Abflugbereitschaft mitgeteilt. Kaum auf der Startpiste setzte ich auch schon den Gashebel auf Vollgas. Irgendwie nimmt der Motorsegler schneller Fahrt auf und auch das Abheben ist deutlich zügiger als zu zweit. Man spürt deutlich das fehlende Gewicht der zweiten Person. Jetzt gibt es kein Zurück mehr, mit gewohnten Steuerbewegungen geht es mit einer Rechtskurve in den Querabflug. Rechter Gegenanflug Piste 18 – rechter Queranflug Piste 18, Gas raus, Vergaservorwärmung an, und schon geht es mit Landekonfiguration an die erste Sololandung. Die Schwelle der Piste kommt schnell näher, rechts neben der Schwelle steht mein Fluglehrer und beobachtet mich. Voll konzentriert fange ich die Maschine ab, ein wenig neben der Mittellinie und etwas schräg setzt das Hauptfahrwerk mit einem kurzen Quietschen auf, das Bugrad folgt eine Sekunde später. Perfekt, durchstarten zur zweiten Runde. Das Selbstbewusstsein ist zurück. Landung Zwei und Drei gelingen ebenso. Erleichtert und glücklich geht es über den Rollweg zurück zur Halle. Der Fluglehrer kommt mit einem Lächeln entgegen und gratuliert mit einem Handschlag. Welch ein Moment! Die Theorieprüfung So langsam spürte ich, da war doch noch was…. Ach ja, die Theorie! Wie ein Damokles-Schwert schwebte diese Aufgabe über meinem Haupt. Es war klar, um weiter zu kommen musste ich dieses Kapitel nun endlich in Angriff nehmen und zum Abschluss bringen. Ohne eine bestandene Theorieprüfung keine Solo-Überlandflüge! Nach über einem Jahr des intensiven Auseinandersetzens mit der Welt der Fliegerei, nach dem Theorieunterricht im Verein, nach dem Studium der Fachliteratur und dem Lernen mit der Software war ich eigentlich schon lange „prüfungsreif“, dennoch zögerte ich es so weit wie möglich hinaus. Nun aber war der Zeitpunkt gekommen, und der Termin zur Prüfung in Freiburg stand fest. Ich wollte hier keinesfalls etwas anbrennen lassen, und so nahm ich eine Woche vor diesem Termin Urlaub, um mich voll und ganz auf die Prüfungsvorbereitung zu konzentrieren. Von früh morgens bis spät in den Abend lernte ich Kapitel für Kapitel, tausende von Fragen und Aufgaben, immer wieder und wieder. Ich wollte nicht nur lernen, ich wollte verstehen und begreifen. Und das gelang mir, Navigation und Meteorologie, die „härtesten“ Fächer lagen mir sogar am besten. Es kam tatsächlich so etwas wie Spaß auf, meinen Wissensdurst zu befriedigen. Ich freute mich sogar auf die Prüfung. Dann, an einem Montagmorgen war es endlich soweit. Meine Frau bestand darauf mich nach Freiburg zu fahren, damit ich mich nicht mit Autofahren belasten müsse.Am Regierungspräsidium angekommen ging alles ganz schnell, nach der Anmeldung ging es in das Zimmer mit den Computerarbeitsplätzen und mir wurde mein PC zugewiesen. Ich rechnete mit 9×30 Minuten für die Prüfung, also etwas mehr als 4 Stunden Zeit. Kapitel für Kapitel ging es nun an die Fragen. Glücklicherweise genauso wie zu Hause, die bekannten Fragen, die gleiche Software. So fühlte ich mich gut und alles war vertraut. Nach dem 9. Kapitel, der „Navigation“, und der letzten Frage schloss ich den Prüfungsbogen ab – nach insgesamt 35 Minuten! Ich ging vor zu der netten Mitarbeiterin, die die Prüfung beaufsichtigte und meine Prüfung auswertete. „Herzlichen Glückwunsch!“ – Das ging runter wie Öl. Ich hatte es geschafft, eine große Hürde und Last lag nun hinter mir. Endspurt Voll motiviert nach dem Erfolg der Theorieprüfung, wollte ich nun keine mehr Zeit verlieren. Ich bat meinen Fluglehrer, ohne Rücksicht auf Kosten und Zeit die noch fehlenden Schulflüge mit mir zu absolvieren. Dreiecksflug, Navigationsflüge, 80 NM Flug nach Speyer, erst zusammen mit ihm, dann alleine. Solo Platzrunden, Ziellandeübungen, Prüfungsvorbereitungen. Alles konnte ich mit ihm innerhalb von 6 Wochen abarbeiten. Bedenkt man, dass der Fluglehrer im Verein diese Tätigkeit auch nur berufsbegleitend, also in seiner Freizeit macht, ist das schon eine recht starke Leistung von ihm. Mit seinem OK ging es dann zum Ausbildungsleiter, der schließlich das Anmeldeformular zu praktischen Prüfung an das Regierungspräsidium einreichte. Jetzt hieß es warten, bis ich „meinen“ Prüfer zugeteilt bekomme, den ich dann anrufen und mit ihm einen Termin vereinbaren sollte. Auch hier ließ ich nichts anbrennen und so hatte ich keine 20 Minuten nach Erhalt der E-Mail mit den Kontaktdaten des Prüfers, bereits mit ihm gesprochen. Für den selben Tag war es dann doch etwas zu spontan, aber der nächste Tag sollte es dann sein. Die praktische Prüfung Es spielte alles mit – das Wetter war OK, der Motorsegler war frei und alle Voraussetzungen erfüllt. Der Tag der Prüfung war da. Jetzt kam doch etwas Nervosität auf. Obwohl ich mir eigentlich über den praktischen Teil nie so Gedanken gemacht hatte, war es nun doch fast aufregender als bei der Theorieprüfung. Schließlich war das der letzte Akt zum Erwerb des Flugscheins, der Moment der die Ausbildung beendet. Die Tragweite wurde mir schlagartig bewusst, und das machte es nicht einfacher. Hier und heute zu versagen wäre die pure Demotivation; so kurz vor dem Zieleinlauf zu straucheln und zu fallen wäre eine Katastrophe. Der sich nun aufbauende Druck war deutlich zu spüren. Knapp zwei Stunden vor dem vereinbarten Treffen am Vereinsheim rief der Prüfer an und teilte mir die zu fliegende Route mit und die Aufgabe eine Flugvorbereitung für diesen Flug zu erstellen, inklusive aller notwendigen Wetterinformationen, Fluginformationen und navigatorischen Berechnungen für den Kurs unter Berücksichtigung des Windes. Wie gelernt ging es ans Werk. Nach dem alles ausgedruckt und sauber zusammengeheftet war, machte ich mich auf dem Weg. Dann war es soweit. Der Prüfer kam und wir legten auch gleich los. Zwei Stunden und ein Liter Schwitzwasser später dann die erlösenden Worte: „Herzlichen Glückwunsch, Sie haben bestanden!“

„Aus, aus, das Spiel ist aus! – Deutschland ist Weltmeister!“ Müsste ich diesen Moment beschreiben, so ist dieses Zitat von 1954 wohl am besten geeignet, dieses ansonsten unbeschreibliche Gefühl wider zu spiegeln. 18 Monate der Ausbildung, des Lernens, der Zweifel, des Hochgefühls, der Resignation und der Euphorie – schlagartig vorbei. Ich hatte es geschafft, nun bin ich Pilot!

Im folgenden der Bericht als PDF-Datei:

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